Lockruf der Kunstwelt: Wie Art Number 23 Künstlerïnnen täuscht

Ich muss hier etwas weiter ausholen. Ich bin aktuell in Tokyo, weil ich mit einem meiner Drucke »Ad Astra« an einer internationalen Gruppenausstellung teilnehme. Organisiert und via eines Open Call ausgeschrieben wurde das ganze von einer Galerie names Art Number 23 mit Sitz in Athen, London und anderen europäischen Städten.

Mir wurde im Sommer 2023 auf Instagram mehrfach eine Story Ad für den Open Call ausgespielt und irgendwann dachte ich mir »Komm, mach’ einfach mal mit, was haste schon zu verlieren. Im schlimmsten Fall wird nix draus.« Nach Ablauf der Deadline kam am 24.08.2023 eine Zusage.

We are really excited to inform you that your work has been selected to be part of our exhibition that will take place in Tokyo, Japan!  We are more than positive that this will be a unique project that will draw a lot of attention and we are also in contact with local (Japanese) artists and curators in order to arrange an excellent collaboration with them and future opportunities amongst the continents!

Below, you will find all the necessary details. We are sure that  you understand that this will be a very complicated project to organise so a good communication between us is essential. Please read carefully and come back to us if you have any questions.

[…]

Secure your Participation:

In order to secure your participation in the show, we will require you to send us your contribution in order to cover the expenses of the show (venue hire; printing costs for posters, labels and catalogues; catering; advertisement/promotion of the event; artwork shipping from EU to Japan).

Ideally, we would like to have the payments until the 21st August so we can start planning the dates and all the other aspects of the show, according to the number of the artists who will participate. Of course, if you are having any issues and you need more time, please let us know. 

The fee to participate in the show is €260 including VAT. You will receive an invoice via email from PayPal and you can use your PayPal account or your bank card to make the payment.  

Zu diesem Zeitpunkt habe ich noch nicht viel hinterfragt. Die Mails wirkten professionell, die Website zeigte viele Referenzen vergangener Ausstellungen und Projekte. Ich habe die Teilnahmegebühr bezahlt.

Anfang Oktober 2023 kam die nächste Mail mit verschiedenen Zeiträumen für Frühjahr / Sommer 2024. Die Teilnehmenden sollten ihre Präferenzen angeben und die meisten Übereinstimmungen legten dann das Datum der Ausstellung fest. Alles fair und transparent, die Wahl fiel auf den 07. – 13.06.2024. Wir konnten uns überlegen, ob wir die Arbeiten jeweils selbst nach Tokyo bringen, sie zur ausstellenden Galerie senden oder an Art Number 23 nach Athen. Zunächst wollte ich die Arbeit selbst mitnehmen, habe mich dann Ende März 2024 aber doch dafür entschieden sie gut verpackt mit Tracking nach Athen zu senden, damit die veranstaltende Galerie alles sorgsam und sicher nach Tokyo bringt.

Ein Beispiel wie ich meine Arbeit versendet habe: In einer klaren Folie im Formatgerechten Karton und zusätzlich mit Luftpolsterfolie geschützt.

Ende April kam eine Mail, die Infos der Teilnehmenden für Werbemittel abfragte (ein Poster und Katalog waren geplant) sowie einen Promotion-Teaser für die sozialen Medien enthielt um Werbung für die Ausstellung zu machen. Es wirkte alles immer noch professionell.

Dann kam der Tag der Vernissage. Als wir in der Design Festa Gallery ankamen, war wenig von der Ausstellung zu sehen. Es gab einen Aufsteller mit dem angekündigten Poster und an den Ausstellungsräumen einen Zettel mit QR-Code, wo die Namen der Ausstellenden und die Preislisten hinterlegt waren. Zudem noch einen Übersichtsplan von der Galerie.

Übersicht der Ausstellungsräume in der Design Fest Gallery.

Beschilderung der Ausstellung seitens Art Number 23.

Ich konnte nirgends ablesen, in welchem Raum meine Arbeit hängt – also sind wir erstmal durchgegangen. An keiner Arbeit waren direkt die Namen der Künstlerïnnen zu sehen. Da die Räume nicht so groß sind, wurden auch nicht viele Werke in einem Raum gezeigt. Irgendwann sind wir dann im dritten Stock des östlichen Gebäudeteils angekommen. Das war so ziemlich der versteckteste Raum, den es gab. Hier hing dann auch meine völlig zerknickte Arbeit.

Hängung meines Druckes am 07.06.2024.

Als ich meine Arbeit so lieblos und beschädigt an der Wand hängen sah, musste ich erstmal da raus. Zurück im Hotel habe ich dann meinen Mut zusammengenommen und den Veranstalter angeschrieben:

Dear Constantine,

I was really looking forward to today's vernissage at design fest gallery. Unfortunately seeing how my artwork was displayed really upset me. The print is completely bent at the corners. Why did nobody contact me about this? As I wrote in the details about the work, it is an edition of 100 prints. If it did arrive like this in Athens, I could have sent you another one, if it arrived in Tokyo like that I still could have brought another one with me even if it happened on the way to the venue – I still could have found a way to preserve my wok and display it in a suitable condition. Especially when showing art in a country, where the neat treatment of valuable items, handmade goods and art is of utmost importance. This is really disappointing.

Besides that there are no names or any infos about the artist displayed next to the pieces - I am sure I‘m not the only artist for whom this is an important opportunity to exhibit their works. Not being visible at all doesn't feel right in this context. I came to Tokyo looking forward to the exhibition and it saddens me to see my work on display like this.

Kind regards

Julia Hell

Die Antwort, die ich ziemlich schnell bekam machte es irgendwie nicht besser:

Hello,

It was such a big project with so many artists that we did not get the chance to contact regarding last minute issues. The risks of transportation damage is something that can not be avoided. This is why some artists decided to bring their work in person even though that would be more inconvenient for their trip. From our side we did the best we could and we have a QR with the artworks listed and the Instagram/website or email of the artists so please can see more of their work and contact them. 

Thank you,

Mikey

Sent from my iPhone

Der Umgang mit der Situation hat mich total entmutigt und getroffen. Ich habe hin und her überlegt, was ich jetzt dagegen mache. Interessiert das überhaupt jemanden, wenn ich das öffentlich mache? Augenscheinlich bin ich ja die einzige, die hier ein Problem hat und habe auch einfach nicht die Audience um da eine große Sache draus zu machen. Am 08.06.24, einen Tag nach der Vernissage meldete sich ein anderer Künstler über Instagram bei mir. Kay Becker schrieb mir, dass seine Arbeit gar nicht erst ausgestellt wurde und fragte, ob bei mir alles gut lief oder ich eine ähnliche Erfahrung gemacht habe. Wir tauschten uns aus und über die nächsten Tage kamen immer mehr Fälle dazu, bei denen Dinge nicht ordentlich gelaufen sind oder die Arbeiten einfach verschwanden.

Ich habe mich entschieden meine Arbeit heute aus der Ausstellung zu entfernen. Vor Ort habe ich dann noch den Veranstalter und Inhaber von Art Number 23, Constantine Anjulatos, getroffen. Ich habe ihn angesprochen, mein Problem geschildert und bekam als Antwort auch hier unterm Strich nur »selbst Schuld«. Daraufhin habe ich meinen ausgestellten Druck abgehängt und nehme ihn nun selbst wieder mit nach Hause.

Meine Arbeit wurde zwischenzeitlich umgehängt.

Das Blatt wurde mit Klebeband an die Wand geklebt.

In Summe war das leider eine echt enttäuschende Erfahrung für meine erste Ausstellung. Der Zugang wirkte zunächst niedrigschwelling, sodass auch Menschen ohne viel Erfahrung mit dem Kunstbusiness, wie ich, sich trauen, ihre Arbeiten einzureichen. Von einer Galerie hätte ich erwartet, dass entweder Instruktionen kommen, ob und wie ich meine Arbeit gerahmt einreichen soll oder eben, dass das vor Ort für alle Werke gleichermaßen gemacht wird. Schließlich haben sie im Vorfeld ja auch alle Infos zu Formaten usw. abgefragt und wussten, was hängen wird. Unmöglich finde ich auch, dass die Namen der Künstlerïnnen nicht an den jeweiligen Arbeiten zu sehen waren. Es lagen immerhin über 8 Monate zwischen den Zusagen und der Ausstellung. Da sollte man als international agierende Galerie in der Lage sein, die basics zu organisieren. Am schlimmsten ist jedoch die Haltung von Constantin Anjulatos und seinen vermeintlichen Mitarbeitenden, denen es vollkommen egal ist, was passiert ist und die Schuld auf die Künstlerïnnen abwälzen. Ich kann allen Interessierten nur raten: Finger weg von Art Number 23.

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Eggcellent im Typodarium 2025!

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Tokyo, Baby!